Das Ensemble Wiener Collage und ich teilen viele künstlerische wie persönliche Erinnerungen an die Komponisten Toshi Ichiyanagi, der am 7. Oktober 2022 89-jährig in Tokyo verstarb, und Friedrich Cerha, der am 14. Februar 2023 96-jährig in Wien von uns ging. Beide Komponisten schrieben Stücke für das Ensemble, mit beiden pflegte ich auch persönlich eine intensive Zusammenarbeit.
Friedrich Cerha hatte maßgeblichen Anteil an meinen frühesten Erfahrungen mit Neuer Musik, insbesondere als Dozent eines Praktikums Neuer Musik and der damaligen Wiener Musikhochschule. 1996 dirigierte er dann die Uraufführung und zwei Folgeaufführungen seines Concertinos für Violine, Akkordeon und Ensemble in Wien, Linz und Paris, bei der Alfred Melichar (Akkordeon) und ich die Soloparts übernahmen. Später habe ich dieses Werk mit wechselnden Solisten selbst dirigiert. Außerdem hatte ich Gelegenheit, die Werke Deux éclats en reflexion und Formation et solution mit dem Meister selbst einstudieren, Cerha wiederum dirigierte Aufführungen meines Werks Das wachsende Schloss op. 13/1. Mein Stück Jam Session »for Fritz« op. 14/6 entstand als eine Hommage an ihn.
Auch zu Toshi Ichiyanagi gab es vielfältige künstlerische Verbindungen, die durch zwei Konzertreisen des Ensemble Wiener Collage nach Japan und drei Wiener Gastspiele des Tokyo International Music Ensemble (TIME), dessen Leitung Ichiyanagi oblag, ihre Umrahmung fanden. Mehrere Werke Ichiyanagis, der in den Vereinigten Staaten bei John Cage studierte und in erster Ehe mit Yoko Ono verheiratet war, wurden vom Ensemble Wiener Collage uraufgeführt. 1996 fand bei Wien Modern die Uraufführung meines Werks Kodai-no-ibuki (aus op. 30) mit dem TIME statt, einem Werk für Violine und traditionelle japanische Instrumente.