»für Friedrich Cerha«

Vorlagen zur Improvisation für Ensembles variabler Besetzung und Stärke

Ausarbeitungen:

I Linzer Fassung
Besetzung: für 4-8 Instrumentalisten
Aufführungsdauer: zw. 6 und 12 Minuten
Uraufführung: 1996 in Linz (Brucknerhaus) durch das Ensemble Wiener Collage


II Pariser Fassung
Besetzung: für 10-18 Instrumentalisten und eine Vokalistin ad lib.
Aufführungsdauer: zw. 10 und 18 Minuten
Uraufführung: 1996 in Paris (Radio France) durch das Ensemble Wiener Collage unter René Staar

 

Notizen zum Werk:
Jam Session »for Fritz« ist ein Versuch, meine Kompositionsmethode (i. e. das Komponieren mithilfe von Akkorddispositionen) auf die Ebene der Improvisation zu stellen.

Es war zugleich der Versuch, den Mitgliedern des Ensemble Wiener Collage Möglichkeiten der improvisatorischen Freiheit zu bieten, die bei anderen Projekten bzw. Kompositionsaufträgen nicht vorgesehen sind.

Die Interpreten können sich dem harmonischen Material, über das sie improvisieren sollen, in verschiedener Weise annähern, in welcher, entscheiden sie selbst.

Zunächst sind die Funktionen der Ensemblemitglieder festzulegen. Es gibt Rhythmusfunktionen und Chorus (Melodie)-funktionen, die solistisch ausgeführt werden sollen. Daher ist Jam Session ein Ensemble-Improvisationsstück. Die Mitglieder des Ensembles legen dann fest, wie viele Mitglieder solistisch improvisieren wollen (im Idealfall sollten dies alle sein), in welcher Reihenfolge dies geschieht und wie die Rhythmus-Harmoniestimmen aufgeteilt sein sollen. 

Danach können verschiedene Wege eingeschlagen werden:

1) Eine vom Komponisten ausgearbeitete harmonische und formale Fassung wird für die gewählte Besetzung adaptiert. Das bedeutet, dass sich die Mitglieder nur über die Aufteilung der harmonischen Strukturen und die Wahl grundlegender Rhythmusstrukturen einigen, und eines der Mitglieder (etwas ein Schlagzeuger oder Stehgeiger) die Zeichen zum Weitergeben setzen muss.

2) Man wählt vom Komponisten vorgegebene harmonische Strukturen (die sogenannte »Basis-Stimme«) und komponiert aufgrund der konkreten Möglichkeiten der beabsichtigten Aufführung selbst die Form.

3) Man macht sich die Richtlinien zu eigen, die der Komponist zur Ausarbeitung der Basisstimme vorgesehen hat und arbeitet alle Schritte, also (1) Basisstimme, (2) Chorus-Rhythmus-Stimmen und (3) Aufteilung, Wahl der Rhythmusstrukturen etc. selbst aus.

So kann der Interpret verschiedene Grade der Freiheit einnehmen, der Komponist tritt graduell zur Entscheidung des Interpreten mehr oder weniger hervor.

Jede Aufführung, gleich in welcher Fassung, ist eigentlich eine Neuschöpfung. Als Uraufführung wird jedoch nur die erste der Improvisationen über eine (vom Komponisten ODER Interpreten) geschaffene Fassung angesehen. Dabei können die einzelnen Fassungen auch Gemeinsamkeiten (gleiche Teile, gleiche harmonische Entwicklungen) haben, wichtig ist die originale formale Gestaltung bei gleichzeitiger logischer harmonischer Konzeption, sodass jede Improvisationsgrundlage eine geschlossene Linie vom Beginn bis zum Schluss aufweist. (René Staar)