[Reminiszenzen auf den Namen B.A.C.H., Erste Lesung]

»À Petra Ackermann et Roland Schueler«

Besetzung: für Viola und Violoncello
Aufführungsdauer: ca. 1 Minute

 

Notizen zum Werk:

Dieses Stück gehört zu jenen Werken Staars, in denen er sich mit Mikrotonalität auseinandersetzt. Andere Werke sind die Invention op. 22h Nr. 1 für Violine und Cello, der ViolinMicroMix op. 26 I ter für Geigenensembles (7-12 Violinen) und die Descendances imaginaires op. 22f für zwei Streichorchester.

Die Idee zur Verwendung des B.A.C.H.-Motivs kam Staar während der Komposition der Descendances imaginaires. Sie war der Versuch, dieses chromatische Motiv nochmals in ein Vierteltonchroma zu verkleinern. Schließlich entstanden gleich zwei Stücke, gewissermaßen zwei »Lesungen« (oder Interpretationen) ein und derselben Idee: das vorliegende Kammermusikstück und der 3. Satz der Descendences. Beidemale wurde das berühmte Motiv in drei verschiedenen Dimensionen auskomponiert: im originalen Halbtonchroma, in der doppelt vergrößerten Ganztonharmonik und im (auf die Hälfte verkleinerten) Vierteltonchroma.

Während das Vierteltonchroma bei den Descendences dadurch entsteht, dass eines der beiden Streichorchester mit einer um einen Viertelton abweichenden Stimmung spielt (und damit zu den komplexen Stimmungen von ViolinMicroMix führt), entstehen die Mikrointervalle in der ersten Lesung von B.A.C.H. durch eine Kombination von scordierten und normal gestimmten Saiten: die beiden oberen Saiten der Bratsche werden um einen Viertelton erhöht, und die beiden tiefen Saiten des Cellos werden um einen Viertelton erniedrigt.

Bei einer Stückdauer von unter einer Minute entfaltet sich das raffinierte Spiel auf den verschieden gestimmten Saiten mit einer großen Palette von inter-changierenden Erscheinungsformen des Hauptmotivs, die am Schluss in eine Art arpeggierten Choral übergehen.