Diese Sammlung von kurzen Stücken für Streicher wurde gleichermaßen für gehobene Unterrichtszwecke wie für den Konzertgebrauch mit seltenen Besetzungen konzipiert.

Die Sammlung hat die Opuszahl 27. Die darauf folgenden römischen Ziffern bezeichnen die Anzahl der Spieler (I = Solo, II = Duo, III = Trio, usw.), die Großbuchstaben die gleichen oder ungleichen Instrumente (A = gleiche Instrumente, B = ein anderes Instrument, C = zwei andere Instrumente, etc.), die arabischen Ziffern die Nummer des jeweiligen Stücks.

 

Studie für Viola solo »Harmonische Varianten« op. 27 I Nr. 1 (2018)

»Für Petra Ackermann«

entstanden am 3. September 2018 in Meggen bei Luzern
Besetzung
: für Solobratsche
Aufführungsdauer: 3 Minuten

Die Studie trägt den bezeichnenden Namen »Harmonische Varianten«, der darauf Bezug nimmt, dass eine bestimmte harmonische Entwicklung in drei verschiedenen Varianten dargestellt wird. Ein dreiteiliges chromatisches auftaktiges Motto wird zum Ausgangspunkt dieser unterschiedlich gestalteten Varianten, in deren Verlauf der Tritonus und verminderte Septakkorde allmählich Bedeutung gewinnen.

 

Studie für Cello solo »Anstachelung« op. 27 I Nr. 2 (2019)

»Für Tamás Varga zum 50. Geburtstag«

entstanden am 15. August 2019 in Wien
Besetzung: für Solocello
Aufführungsdauer: 4 Minuten 40

Das Stück geht von der Idee aus, harmonische Ebenen aus der Mikrointervallik (hier Vierteltönigkeit) über die Chromatik hin zur Diatonik und darüber hinaus zu entwickeln. Dabei geht die Komposition von drei distinktiv verschiedenen Klangspektren aus: dem Bogenstrich, dem Pizzicato und dem Schlagen von Fingern auf die Saiten und das Griffbrett. Einhergehend mit diesen klanglichen Parametern gehen Dynamik und der variable Einsatz der Mikrointervallik, formal gefasst in melismatische und marschmäßige Teile. Der Grundcharakter dieses Stücks bewegt sich im anstachelnden Agitato.

 

Studie für Kontrabass solo »Hinter den Sternen – der Erzengel« op. 27 I Nr. 3 (2023)

»Dem Kontrabassvirtuosen Ödön Rácz in großer Freundschaft und Verbundenheit gewidmet«

Fertigstellung 18. Juni 2023
Besetzung: für Kontrabass solo
Aufführungsdauer: 5’13’’

Der Titel, der zwei Worte aus der 2. Duineser Elegie von Rainer Maria Rilke zitiert,[1] impliziert die gewaltige Macht der Erzengel, die dazu ausersehen sind, der Menschheit wichtige Botschaften zu übermitteln – im Gegensatz zu den Engeln, die dazu ausersehen sind, die Menschen zu beschützen.

Diese Solostudie erscheint in einem rhythmisch konturierten, geschärften Profil, aus dem sich pointiert nervöse Bewegungen entwickeln, getrennt durch atmosphärische Flageolettglissandi, später auch durch eine große absteigende Linie. In diesem längeren Abschnitt des Stückes tauchen immer wieder jazzige Rhythmen auf.

Den letzten Abschnitt des Stücks dominiert eine religiöse Atmosphäre, durch Linien eingeleitet, die wie eine Verschmelzung von Kirchentonarten, Pentatonik und orientalischen Tonleitern anmuten. Elemente eines Chorals reduzieren sich schließlich zu einfach dargestellten Intervallen, die durch eingefügte Pausen das Stück schließlich verklingen lassen.

[1] Die Rilke-Verse im Original: Träte der Erzengel jetzt, der gefährliche, hinter den Sternen | eines Schrittes nur nieder und herwärts: hochauf-|schlagend erschlüg uns das eigene Herz.

 

Studie für 2 Violinen »Duell zwischen zwei Violinen« op. 27 II A Nr. 1 (1995)

»Heinz Hanke und seiner Frau Jutta als kleine Gabe zum Hochzeitstag«

szenische Realisation nach Anweisung des Komponisten möglich

entstanden in Wien und New York, fertiggestellt am 4. März 1995
Besetzung
: für 2 Violinen
Aufführungsdauer: ca. 2 Minuten 30

Erschienen bei Edition Contemp Art (Verlagsgruppe Hermann),
erhältlich über www.schott-music.com
Bestellnummer: VGH 309-71 (Partitur und Stimmen)

Das  auch szenisch ausführbare »Duell« zwischen zwei Violinen beginnt mit einem Streit, der durch mehrere ineinander verwobene mikropolyphone Ansätze musikalische dargestellt wird. Danach beziehen wie im Pistolenduell Eugene Onegins die beiden Spieler Stellung, schreiten auf ihre Position, drehen sich um und schießen … der eine mit einem trockenen Schuss (ein Bartók-pizzicato) der andere mit einem Staccatolauf, der ein Maschinengewehr symbolisiert. Beide sind getroffen, spielen eine Abschiedsmusik - und verscheiden …



Studie für 2 Bratschen »Ostinate Figuren« op. 27 II A Nr. 2 (2015)

»Meinem Freund Felix Schneider zum 70. Geburtstag«

entstanden in Wien am 16. Juli 2015
Besetzung
: für 2 Bratschen
Aufführungsdauer: ca. 1 Minute 30

Gegeneinander verschobene Figuren und Akzente in irrwitzig rasch gespielten 32-telfiguren dominieren weite Strecken des Stücks, das später in Doppelgriffketten aus großen Terzen und großen Sekunden das Ende des Stücks einleitet. Irreale harmonische Effekte sind das Resultat dieses Arbeit.

 

Studie für 2 Celli »Differenzen« op. 27 II A Nr. 3 (2022)

Besetzung: für 2 Celli
Aufführungsdauer: ca. 3 Minuten
Reinschrift Abschluss: 9. Januar 2022

Bei dieser Studie geht es um kleine und kleinste intervallische und rhythmische »Differenzen«, die in der Stimmführung der beiden Celli auftauchen. Die Motive werden aus vierstimmigen Akkorden gewonnen, die einem chromatischem Spektrum entnommen werden, von dem sozusagen ein Ton fehlt. Der Vierklang besteht also aus den Intervallen Ganzton-Halbton-Halbton und wird permanent permutiert und dabei horizontal dargestellt.

Die vier Töne des Hauptmotivs haben die Tondauern 3/16tel, 2/16tel, 1/16tel und wieder zurück zu 2/16tel, die letzte Tondauer ist dabei betont. Umgedeutet, imitiert, permutiert ergibt das Spiel mit diesen Elementen ständige Differenzen zwischen den beiden Celli.

Das thematische Geschehen wird durch 16tel-Triolen-Sequenzen ergänzt. Dabei treten durch unterschiedliche Betonungen und Bewegungsrichtungen der beiden Cellostimmen weitere »Differenzen« zutage.

Eine dritte thematische Struktur wird in synkopierten Doppelgriffen aufgebaut. Sie steht in diesem zweiteiligen Stück jeweils am Ende der beiden Teile. Hier bestehen die Differenzen in den Doppelgriffen: ein Cello spielt weite Griffe, das andere enge. Differenzen bestehen auch zwischen den beiden Teilen, die zwar im Prinzip gleich aufgebaut sind, in Länge und Ausarbeitung der thematischen Strukturen aber erhebliche Unterschiede aufweisen. Die Studie wird durch eine sehr kurze Coda abgeschlossen.

 

Studie für Cello und Kontrabass »Studie in verschiedenen Bewegungsmustern« op. 27 II B Nr. 1 (1994)

entstanden in Wien am 24. Mai 1994
Besetzung: für Cello und Kontrabass
Uraufführung: 1996, Wien durch Philipp von Steinaecker und Michael Seifried
Aufführungsdauer: ca. 3 Minuten

Die Verschiedenheit der Bewegungen wird hier in einer Art Studie über Bachs Inventionen angelegt. Es gibt aber auch Teile, die quasi in zwei verschiedenen Tempi ablaufen.

 

Studie für Viola und Violoncello op. 27 II B Nr. 2   (in Planung)


Studie für 3 Celli »Drei wandernde Augengläser« op. 27 III A Nr. 1 (2019)

beendet am 2. September 2019 in Wien
Besetzung: für 3 Celli
Aufführungsdauer: 2 Minuten 50

Ich habe diese Studie »Drei wandernde Augengläser« genannt, weil die Struktur des Stücks in zumeist homophoner Harmoniefortschreitung in seiner Partiturnotation zum Stimmentausch neigt.
Das diesem Stück zugrundeliegende Material lässt sich in mehrere Grundstrukturen brechen, die die musikalische Gestaltung quasi vorherbestimmen. Das Endresultat ähnelt formal der Sonatenform mit mehreren thematischen Ansätzen, auch wenn in diesem Stück die Kontraste zwischen den Themen merkwürdig eingeebnet erscheinen und sich Expositions- und Durchführungsteile oder die Reprise aufgrund der Verarbeitung von Intervallzellen, die sich in den Zwischenräumen von Chromatik und Diakonie bewegen, kaum identifizieren lassen.
Wie ein fließendes Gewässer verändert sich die Gestalt von Dreiklängen, die wir aber von unserer Vorstellung von Dur oder Moll emanzipieren müssen. Das Stück beginnt und endet dreistimmig. Der einzige Kontrast besteht in der Gleichwertigkeit der Stimmen einerseits und der Trennung in zwei korrespondierende und eine Füllstimme andererseits.

 

Studie für 2 Violinen und Viola »... und mein Schatten ringt mit deinem Schrei ...« op. 27 III B Nr. 1 (2017)

»Für Heinrich Koll und seine Töchter Alexandra und Patricia«

Besetzung: für 2 Violinen und Viola
Uraufführung: am 4. April 2018 durch das Koll Trio, im Gläsernen Saal des Wiener Musikvereins
Aufführungsdauer: ca. 4 Minuten 45

Erschienen bei Edition Contemp Art (Verlagsgruppe Hermann),
erhältlich über www.schott-music.com
Bestellnummer: VGH 2418-71 (Partitur und Stimmen)

Der Werktitel ist dem Gedicht »Finsternis« von Paul Celan entnommen, das 1941 entstand. Das Gedicht spricht von schmerzhaftem Verlust in Zeiten der Gewalt und gipfelt in der Zeile, die als Titel dieses Stücks gewählt wurde. Diese Gedichtzeile ist vieldeutig. Ein Schrei impliziert die Reaktion auf eine Gewalttat und evoziert Assoziationen wie Schmerzensschrei, Entsetzensschrei, Todesschrei. Der Schatten wiederum hat etwas mit Vergangenheit und Vergänglichkeit zu tun. Wenn der Dichter also sagt: »mein Schatten« und »dein Schrei«, so bedeutet das, dass es eine nahestehende Person gegeben haben muss, der offenbar Gewalt angetan wurde. Es spart allerdings aus, ob diese Person noch existiert oder nicht. Das »Ringen« wiederum steht dafür, dass die seelische Bewältigung dieses Ereignisses andauert.
Wir haben es also mit einer sehr persönlichen und schmerzvollen, wahrscheinlich oft wiederkehrenden Erinnerung an ein traumatisches Erlebnis zu tun. Das »und« wurde dem Titel bewusst angefügt, um die Vieldeutigkeit der Zeile noch zu betonen: eine Vieldeutigkeit, die Raum lässt für eine wortlose Musik der schmerzvollen Empfindung. 

 

Studie für Viola und 2 Celli »Pendel des Lebens« op. 27 III B Nr. 2 (2021)

»Adelheid Schneider-Gilg zum Geburtstag«

entstanden am 24. November 2021 in Wien
Besetzung: für Viola und 2 Celli
Aufführungsdauer: ca 2 Minuten 45

Mit der Familie Schneider-Gilg verbindet mich seit 1975 eine sehr enge Freundschaft. Die vielen fürsorglichen Einladungen in die Gilgsche Villa in Rifferswil und in das Haus von Felix und Adelheid Schneider-Gilg in Meggen bei Luzern ermöglichten es mir, ungestört zu komponieren, und so entstanden dort große Teile meines Oratoriums Hammabbul.

Das Pendel als Symbol des Wohlbefindens spielt in diesem kurzen Stück auf die ärztliche Berufung Adelheids an, wobei die Bewegung des Pendels neben der (in allen meinen Werken anzutreffenden) intervallischen und akkordischen Arbeit zum Kern der musikalischen Gestaltung wird. Die freie Verwendung der Barform steckt dabei den formalen Rahmen dieser Miniatur ab.

 

Studie für Violine, Viola und Cello »Atemlose Beklemmung« op. 27 III C Nr. 1 (2021)

»Dem Trio EIS, Ivana Pristašová, Petra Ackermann und Roland Schueler, gewidmet«

entstanden am 23. Januar 2021 in Wien
Besetzung: für Violine, Viola und Cello
Uraufführung: am 24. September 2021 in Wien durch Ivana Pristašová (Violine), Petra Ackermann (Viola) und Roland Schueler (Cello)
Aufführungsdauer: 5 Minuten 40

Die Studie in klassischer Streichtrio-Besetzung wurde unter dem Eindruck der Fernsehbilder des Sturms rechtsradikaler und faschistischer Bevölkerungsanteile der USA auf das Washingtoner Capitol am 6. Januar 2021 geschrieben.

Ausgehend von einem rezitativisch ausgestalteten Beginn der Bratsche mit akkordischen Begleitakzenten der anderen Instrumente bewegt sich die Partitur durch verschiedene Zustände der Atemlosigkeit und der Beklemmung (symbolisiert auch durch grelle Akzente). Diese gewinnen Gestalt durch harmonische Kontraste (z.B. zwischen Quintlastigkeit und fünfstimmigen Akkorden) und Kondensierung in chromatischen Akkordrückungen und clusterählichen Strukturen. Ihnen stehen Tempokontraste (z.B. Allegro pericoloso und Molto meno) und Variationen der Charaktere (atemlose Fluktuationen und schleppende Bewegungen) zur Seite.
 
 
Studie für vier Celli »Marcia funebre« op. 27 IV A Nr. 1 (2022)
 
»in memoriam Heinrich Schiff«

Fertigstellung der Reinschrift am 14. September 2022 in Meggen bei Luzern
Besetzung: für vier Celli
Aufführungsdauer: 4’13’’

Wie ein feierlicher Kondukt hebt das Stück in gemessenem Schritttempo an, wobei jedoch die vermeintlich gleichmäßigen Schritte – im vierten Cello durch Pizzicatoimpule dargestellt – rhythmisch verzerrt erscheinen und zunächst nicht auf den Schlägen erklingen, sondern drei Takte lang eine Sechzehntel nach dem Schlag.

Später werden die Viertelschläge zusätzlich um den Wert einer punktierten Achtel verkürzt. Aus dem schwankenden Impuls entwickelt sich in den drei anderen Cellostimmen eine auskomponierte aufwärtsstrebende Chromatik, die durch beißende Sekundzusammenklänge und sehr eigene Bewegungen immer mehr von dunklen Leidenschaften und Emotionen durchdrungen ist. Da erklingt wie von einem anderen Stern plötzlich eine ganz leicht erscheinende Abwärtsbewegung, so als ob Tränen hemmungslos heruntertropften.

Zum Höhepunkt gerät das dreimalige Ansetzen eines vierstimmigen Chorals, aus dem Variationen des ersten Gedankens des Stücks – die schreitenden Pizzicati – morendo eine Coda einleiten.