Danse Visions

I. Satisfaction. Tango-variations
»Dédicacé à la mémoire d’Alberto Ginastera et au créateur du ›tango nuevo‹ Astor Piazzolla.«

Besetzung: für Violine und Klavier
Uraufführung: 1986, New York, Carnegie Recital Hall, durch René Staar
Aufführungsdauer: ca. 9 Minuten
Notenmaterial: ECA Nr. 72002/01 Partitur (Ausschnitt, Pdf)

Hörprobe:

René Staar - Danse Visions - I - Satisfaction

René Staar, Violine
Harald Ossberger, Klavier

 

II. Audace. Incitations de Rock
»À la mémoire de Jimi Hendrix«

Besetzung: für Violine und Klavier
Aufführungsdauer: 7'50''

 

III. Fusion

 

 

Werknotizen:

Die Entstehungsgeschichte des dritten Divertissements Suisse op. 10 »Danse Visions« lässt sich grob in zwei Zeiträume unterteilen.

Die erste Danse Vision mit dem Titel »Satisfaction. Tango-variations« entstand 1985 und ist dem Gedenken an zwei argentinische Komponisten gewidmet: Alberto Ginastera und sein Meisterschüler Astor Piazzolla. Mit Ginastera und seiner Frau Aurora Natóla verband mich eine weltoffen neugierige Freundschaft.

Die typischen Eigenschaften der Milonga und des Tangos faszinierten mich damals und ich legte einen Katalog von Varianten des Tangorhythmus an, der den traditionellen 4/8-Takt überschritt und eine Weiterentwicklung in den 5/8-Takt und in frei wechselnde Metren einbezog. Als diese Vorarbeiten soweit waren, dass an eine Realisierung zu denken war, trat der ORF mit dem Angebot an mich heran, neue Werke (auch eigene) einzuspielen, was den Entstehungsprozess der ersten Danse Vision immens beschleunigte. Das Stück wurde innerhalb von etwa vier Wochen geschrieben, geprobt und aufgenommen. Ein Grundrhythmus mit 3+3+2 Sechzehnteln wird dabei zum – am Ende wiederkehrenden – Hauptelement des Stücks, dazwischen liegen durchführungsartige, aber auch kontrastierende (ruhigere) Teile.

Auch die zweite Danse Vision wurde im Sommer 1985 begonnen und als kritischer Kommentar zur – damals wie heute – landläufig repetitiven, enervierenden und seichten amerikanischen Rockmusik konzipiert. Im Laufe der Jahre nahm ich jedoch die Rockmusik von Jimi Hendrix als einen Wert für sich wahr. Zwei Umstände hemmten dabei den Fortgang der Komposition: neben zeitlichen, räumlichen und beruflichen Veränderungen fand eine mehrmalige Neupositionierung meiner künstlerischen Absichten statt, die durch neue Erfahrungen, genauere Informationen und neues Wissen ausgelöst wurde. Der mehrmalige neue Ansatz zur Komposition dieses Stücks ist darauf zurückzuführen.

Den Anstoß zur Wiederaufnahme des Projekts gaben der erfolgreiche Abschluss des kleinen, auch bereits 1985 begonnenen 4. Divertissement Suisse op. 10/4, das 2022 fertiggestellt wurde, und die Komposition des 6. Divertissement Suisse op. 10/6, das als Krönung des gesamten Zyklus zwischen Juli 2022 und Dezember 2023 entstanden ist 

Modell für die vier Teile des dritten Divertissements wurden aber nicht nur Rockrhythmen, sondern auch der melodische und harmonische ... einige der wichtigsten Nummern von Hendrix, wobei der Umwandlungsprozess das Stück in einen »hybriden Schmetterling« verwandeln sollte: vor allem harmonisch ein Verschmelzungsprozess von Chromatik, Pentatonik und der von mir gebauten vierstimmigen Harmonik, einer Weiterentwicklung der im ersten und zweiten Divertissements auftretenden dreistimmigen Harmonik.