Noël à Genève, op. 10/2 (1984)

»à mon ami, Dr. Pierre Duchosal«

Besetzung: für Flöte, Klarinette, Streichquartett und Cembalo
Aufführungsdauer: ca. 20 Minuten

 

Dieses Divertissement ist eine musikalische Betrachtung der Stadt Genf in der Weihnachtszeit. In acht Sätzen / Spaziergängen ergründet der neugierige Betrachter die ihm noch wenig bekannte Stadt Genf ...

Am Weihnachtsvorabend reflektiert der erste Satz einen Weihnachtsbummel durch die Hauptgeschäftsstraße der Stadt, der »Rue de Marché«, man hört Straßensänger die »goulante du pauvre Jean« singen, Glockenspiele verbreiten vorweihnachtliches Flair, und das Gewimmel der Schau- und Kauflustigen wird vom Cembalo angeführt, vom gesamten Ensemble ... am Ende entfernt sich der Betrachter ...

Auch im zweiten Satz (»Minuit à la Perle du Lac – un ciel étoilé«) wird die Harmonik und Melodik von jenem dreitönigen Motto geprägt, das bereits zu Beginn der Sonatine op. 2 und später dann des 1. Divertissements steht. Dieses kurze Stückchen schildert die Stimmung an einer der schönsten Stellen des Genfer Sees, knapp nachdem die Bise eingesetzt hat: der See, leicht angefroren, sanfte Wellen unter dem silbrig glänzenden Reif, der auch die Vegetation silbrig-weiß erglänzen lässt. Hier erklingt das dreitönige Motiv in verschiedenen Umkehrungen, wellenartigen Bewegungen, ergeht sich teils auch durch kontrapunktische Verflechtung in neue Verbindungen, zuweilen auch in überraschend melodischen Linien ... Diesen zweiten Satz hat der Komponist auch in zwei Bearbeitungen (für Violine und Klavier, und für Soloklavier) zur Aufführung freigegeben.

Doch gleich darauf im 3. Satz spukt der ewige Strawinskij wieder im Kopf des Betrachters herum. Sein Teufel aus der »L’histoire du soldat«, jetzt als Klarinettist verkleidet - entsteigt dem See - hier mit einem wirklichen Strawinsky-Zitat, um sich dann im 4. Satz in einen Engel zu verwandeln und dann - jetzt als Cellist - einen verführerischen Walzer zu tanzen: dieser 4. Satz wurde vom Komponisten auch für Cello und Klavier bearbeitet.

Aus dem »Jardin botanique« erklingt plötzlich eine Zauberflöte, von J. S. Bach inspiriert, trällert sie eine Bandiera. Auch diesen 5. Satz gibt es in einer Bearbeitung für Flöte und Klavier.

Und dann – plötzlich im 6. Satz – gibt es Lärm, ein einsames Cembalo versucht es mit Rockmusik – doch wer mag da bloß in der Nacht zwischen dem 24. und 25. Dezember zuhören? Auch diesen Satz gibt es als Bearbeitung für Soloklavier. Der Bratschist kann sich in dieser klaren wolkenlosen Nacht nicht vom Sternhimmel losreißen. Seine Elegie (der 7. Satz) an das Universum verhallt jedoch unbemerkt in den Straßen der Stadt ...

Im 8. und letzten Satz geistert es dann über den Dächern des Völkerpalasts, es beginnt mit einer Fanfare, und dann wetteifern die Völker mit ihren Hymnen.